Homeoffice und Betreuung von Kleinkindern? Durchhalten!
Eltern, die Kinder im Kita- oder Schulalter haben, müssen seit Mitte März mehrere Dinge miteinander vereinbaren, die sich in der Regel schlecht kombinieren lassen. Kleinkinderbetreuung oder homeschooling und homeoffice gehen nicht gut zusammen. Zudem sind sehr viele Freizeitaktivitäten für Kinder, wie Freunde treffen, Fußball spielen oder das Spielen auf Spielplätzen nicht möglich.
„Wie kommen wir als Familie möglichst gut durch diese Zeit, wenn die Eltern arbeiten müssen und gleichzeitig Kinder betreuen sollen?“
Dr. med. Susanne Schlüter-Müller ist Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie und gibt den Hinweis, dass Kindern geregelte Tagesabläufe gut tun. Wenn z.B. nach dem Frühstück ein gemeinsamer Morgenkreis, wie früher in der Kita, gemacht wird, bei dem der Ablauf jeden Tag gleich ist, gibt das Routine und damit ein Stück weit Sicherheit. Da können Lieder und kurze Spiele mit dem gemeinsamen Erstellen eines Tagesplans auf einer Pinnwand oder einem Blatt Papier verbunden werden. So können sich Vorlesen, Basteln, Essenspausen und Zeiten, in denen Kinder einige Zeit allein spielen (sollen), damit Eltern auch arbeiten können, abwechseln. Natürlich ist das oft eine enorme Herausforderung für Kinder wie Eltern und es kann nicht immer gelingen. Deshalb müssen Eltern Randzeiten, also früh morgens oder wenn die Kinder schlafen, nutzen, um zu arbeiten. Das zehrt natürlich sehr an den Nerven. Umso wichtiger ist es für Eltern, sich spätestens am Wochenende bei der Betreuung der Kinder abzuwechseln, damit es für einen Elternteil wirklich eine Pause geben kann. Auch hier kann ein Plan helfen. Wenn die wirklich dringend notwenige Ruhepause fest eingeplant ist, kann das Gefühl vermieden werden, dass Betreuung und Arbeit uferlos sind.
Was tun bei Ärger und Konflikten?
Der Kinderschutzbund rät, sich klar zu machen, dass im Moment nicht die Zeit für Perfektionismus ist. Das betrifft die eigene Arbeitsleistung in Job und Hausarbeit und auch die Qualität der Betreuung der Kinder. Wenn der Tag sehr anstrengend war, machen Sie abends lieber Pause, anstatt noch stundenlang die Wohnung zu putzen. Die Art und Weise, wie Sie mit sich umgehen, prägt auch den Umgang mit Ihren Kindern. Wenn man selbst stark gestresst ist, wird man mit den Kindern nicht gelassen umgehen können. Seien Sie gnädig mit sich selbst, dann können Sie es auch mit Ihren Kindern sein. Wenn es Konflikte mit den Kindern gibt, kann es hilfreich sein, für ein paar Minuten in einen anderen Raum zu gehen und einige Augenblicke tief durchzuatmen. Ist Ihr Partner in der Wohnung, kann ein kurzer Wechsel für eine Beruhigung der Situation sorgen. So lassen sich manche Konflikte entschärfen.
„Unsere Kinder verpassen im Moment so viel!“
Das stimmt zweifellos. Aber die Kinder können in dieser Zeit auch viel lernen und profitieren. Wenn sich Eltern Zeit nehmen (können), tut den Kindern die Nähe beim gemeinsamen Lesen, Basteln oder Spielen sehr gut. Kinder können, ihrem Alter entsprechend, beim Kochen helfen und so lernen, wie eine Mahlzeit zubereitet wird. Bei einem Spaziergang in der Natur oder auch an einer Wiese entlang, können Kinder vieles entdecken. Kleine Tierchen, Blumen und Bäume sind Dinge, über die man staunen kann. Außerdem kann man gemeinsam Pläne für die Zeit nach den strikten Kontaktbeschränkungen machen. Was wünschen sich Eltern und Kinder, was dann wieder gemeinsam unternommen werden soll? Der Besuch im Nymphaea oder der Wilhelma, endlich einmal wieder gemeinsam ins Schwimmbad gehen? Oder der Besuch bei Oma und Opa? Es kann gut tun, sich selbst positive Perspektiven zu geben. Der Blick auf das, was momentan nicht geht, ist ohnehin sehr präsent. Ein schöner Tagesabschluss kann ein gemeinsamer Tagesrückblick sein. Wenn man möchte, kann man das als formloses Gebet machen, indem jeder Gott erzählt, was heute schön war, was nicht gut gegangen ist, für wen und was man bitten möchte und auf was man sich am nächsten Tag freut. Einen Tag nicht mit negativen Gefühlen, sondern mit einem guten Ausblick zu beenden, ist für alle ein Gewinn.
Noch ein Tipp: „Großeltern lesen Geschichten vor – am Telefon oder Skype“
Jeden Abend zur gleichen Zeit mit den Großeltern telefonieren oder skypen gibt Kindern (und Großeltern!) Routine und entlastet die Eltern. In diesen 20 Minuten, in denen Oma vorliest, können Eltern durchatmen und Pause machen oder, wenn es sein muss, arbeiten.
Brauchen Sie Hilfe?
Unterstützung von Eltern und Kinder – Nummer gegen Kummer e.V. (NgK) ist der Dachverband des größten kosten-freien, telefonischen Beratungsangebotes für Kinder, Jugendliche und Eltern in ganz Deutschland. Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, für alle Kinder und Jugendlichen, ihre Eltern und andere Erziehungspersonen Gesprächspartner zu sein, besonders dann, wenn andere fehlen. Junge Menschen finden somit telefo-nisch am Kinder- und Jugendtelefon: 116 111 und online bei der E-Mail-Beratung Rat, Hilfe, Trost und Unterstützung.
Müttern, Vätern oder Großeltern und anderen Erziehenden steht mit dem Elterntelefon: 08001110550 ebenfalls ein qualifiziertes Beratungsangebot zur Verfügung. Die Beraterinnen und Berater der „Nummer gegen Kummer“ sind erster Ansprechpartner für alle Fragen, Probleme und in besonders kritischen Situationen. Bei Bedarf öffnen sie den Weg zu weiteren Hilfen.
Hilfe für Frauen – Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben. Unter der Nummer: 08000116016 unterstützen wir 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr. Auch Ange-hörige, Freundinnen und Freunde sowie Fachkräfte beraten wir anonym und kostenfrei.
Pastoralreferent Raphael Maier, Vater von 2 Kindern