Den Glauben leben in Zeiten der Corona- Krise

Alles ist anders in der Zeit der Corona- Krise. Das gilt auch für unser Leben als Christen, für den gelebten Glauben. Vieles Vertraute und Gewohnte ist nicht möglich. Vor allem die konkrete Begegnung und Gemeinschaft in der Kirchengemeinde und im Gottesdienst fehlen. Es ist aber nicht nur Verlust, sondern auch eine Chance, den Glauben auf neue Weise zu leben und Gottes Gegenwart an unerwarteten Stellen in unserem Leben zu erfahren.

Mitglieder unserer Esslinger Kirchengemeinden berichten von ihren Erfahrungen in den letzten Wochen und ihren Gedanken dazu. Danke ihnen allen für diese Einblicke, die nachdenklich machen und ermutigen!

 

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Wir versuchen als Familie den Glauben auch in diesen Zeiten soweit es geht zu leben. Da gab es die Impulse für die Osterzeit oder die häuslichen Andachten, die uns im Briefkasten oder per Mail erreichten. Sehr schön fand ich, dass wir eine kleine Osterkerze nach Hause gebracht bekamen. Diese Dinge ersetzen allerdings nicht das Zusammenkommen als Gemeinde. Wir gehen als Familie jetzt deutlich öfter in eine Kirche um ein Licht anzuzünden und ein Vater Unser zu beten. Was uns sehr fehlt: Emil hätte am 3. Mai seine Erstkomm-union gefeiert. Das schlagartige Ende der Vorbereitung und das ungewisse Verschieben hat uns schon bewegt. Bleibt uns zu beten, dass bald eine wirksame Methode zur Eindämmung gefunden wird und bis dahin mit Abstand aber im Herzen zusammen zu sein!

Dr. Markus Michel, St. Elisabeth

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Pandemie

Zeichen der Zeit

Globale Krise

Ausgang offen

Bedrohung

Für alle Welt

Solidarität

Für alle Welt

Fragen offen

Siegt das Wir

Über das Ich

Eine Prüfung

Es ist Zeit

In Liebe zu teilen

Johannes Warmbrunn, St. Augustinus

 

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Bisher Undenkbares ist Wirklichkeit geworden. Dass uns die Energiewende mit ihrem kompletten Umstieg auf 100% solarer Energieherkunft gelingen muss, auch das war bisher für viele „undenkbar“ und deshalb ausgeblendet. Das Bewahren der Schöpfung als Auftrag an uns alle könnte nun wieder wahrgenommen werden. Das ist meine Hoffnung als Umsetzung nun gemachter Erfahrungen. Was geht nicht alles, wenn alle miteinander ein Ziel verfolgen. Vielleicht haben wir es nun gelernt u. packen die beachtlichen Herausforderungen gemeinsam an.

Dr. Franz Hein, St. Josef

 

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Die gemeinsamen Eucharistiefeiern in der Osterzeit haben mir sehr gefehlt. Wertvolle neue Erfahrungen habe ich mit den vielfältigen und inspirierenden Angeboten auf der Homepage und den Gottesdiensten als Podcast gemacht. Diese können zwar Gemeinschaft nicht ersetzen, sollten aber dennoch wegen ihrer besonderen Qualitäten in Zukunft nach Möglichkeit beibehalten und weiterentwickelt werden.

Gabriele Alf- Dietz, St. Paul / St. Katharina

 

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Der Ausbruch der Corona Krise hat mich dazu bewegt, mich Gott stärker zuzuwenden. Im Verlauf der Krise merkte ich, wie mein Glauben an einen allmächtigen Gott Risse bekam, weil ich nicht sehe, dass Gott das Leid und die Ängste der Menschen wegnimmt oder lindert. Trotzdem will ich nicht von ihm lassen oder er von mir und ich erspüre ein verletzliches Gefühl des Vertrauens darauf, dass Gott präsent ist ungeachtet dessen, was passiert. Das nimmt mir zuweilen die Angst und ich fühle mich gestärkt!

Roswitha Anderson, Katholische Kirche Esslingen

 

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Daheim mit der Familie zum Gottesdienst versammeln, gemeinsam selber nachdenken, ge-meinsam selber machen – so habe ich die letzten Wochen erlebt. Erst fremdartig aber doch intensiver und auch näher. Besonders bewegend war für mich am Ostermorgen das gemein-same Entzünden des Osterfeuers im Garten. Näher im Glauben als Familie, näher am Glauben. Vorlage waren die allwöchentlich veröffentlichten Hausgottesdienste von unseren pastoralen Mit-arbeitern. Herzlichen Dank dafür! Ja – aber gleichzeitig bin ich auch traurig darüber was dieses Jahr alles nicht war und unser (Familien-)Leben über viele Jahre berei-chert hat: die Palmbüschel am Palmsonntag die Kinder- bzw. Jugendfasten-aktion, das Pessachmahl am Gründonnerstag an der großen Tafel im Gemeinde-zentrum, die Läm-merbackaktion der Ministranten, die Osterübernachtung der Minis, das Exsultet in der dunklen Kirche am Ostermorgen, das fröhliche Osterfrühstück… Bei allen guten neuen Erfahrungen gibt es auch die Trauer über das was nun nicht möglich ist und bisher so einfach selbstverständlich war.

Andreas Hable, St. Elisabeth Pliensauvorstadt

 

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Etwas Bewegung braucht man. Also gehe in die Weinberge.

Auf dem Heimweg mache ich in St. Maria Station. Und setze mich in der Kirche gegenüber dem Tabernakel und schaue ihn an und versuche nur an den Herrn zu denken – ist aber nicht so einfach. Nach längerer Zeit bete ich das Lied „Herr, du bist mein Leben“ und „danke, dass ich zu dir gehöre“ und gehe nach Hause.

Rudolf Weber, St. Maria, Mettingen

 

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Der Sonntag ist uns heilig, vor allem der Sonntagvormittag; er ist für den Gottesdienst reserviert. Wir zwei feiern meistens beide Fernsehgottesdienste mit: zuerst im ZDF und anschließend im SWR mit unserer Osterkerze, dem Kreuz aus Taizé, den Blumen und den Gesangbüchern auf dem Couchtisch.

Wichtig ist uns das Mitsingen und Sprechen des Vaterunsers. Bei den Fürbitten legen wir unsere persönlichen Anliegen dazu und nehmen dankbar den Segen mit in die kommende Woche. Das erfüllt uns auch in den gesellschaftlich ausgebremsten Zeiten.

Gabi und Reinhard Clauss, St. Katharina

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Wertvoll in diesen Tagen empfinde ich das zunehmende Erkennnen, was mir wesentlich ist. Denn ich frage mich, was von dem schmerzhaft Vermissten mir lediglich Gewohnheit ist, die ich ablegen kann. Alles kommt auf den Prüfstein. Mein Glaube und v.a. die Art und Weise, wie ich, wie wir in Gemeinschaft unseren Glauben leben. Ich stelle fest, dass diese Gewohnheiten immer auch verstellend waren, hinderlich.

Was mir in dieser Zeit der fehlenden gemeinsamen Gottesdienste z.B. gut tut, ist: Christus zu begegnen ohne all die Formen und Bilder, in die wir Ihn gewöhnlich pressen. Die jetzigen Begegnungen haben etwas Unmittelbares und ich spüre in ihnen eine Kraft und Reinheit, die alles sprengt und in Fluss bringt!

Anne Meyer- Kerner, St. Josef

 

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Ganz am Anfang habe ich gedacht nicht auch das noch. Pandemie heißt Einschränkung. Heißt auch, Gott auf neuen und ungewohnten Wegen erfahren. Mutig und phantasievoll sein.

Mir fehlt die Nähe zu Menschen und zur eigenen Familie. In der Pandemie leben heißt neue Verhaltensmuster zu lernen und anzuwenden und sich nicht der allgemeinen Panik zu beugen. Mit Ängsten umgehen. Ein großes Stück Entschleunigung erfahren und eine neue Art von Demut erfahren. Dasein.Sich auch mit sich selber beschäftigen müssen, keine Ausrede haben

Pfr. Peter G. Marx, Katholische Kirche Esslingen

 

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Ich erlebe diese Zeit als eine Zeit der großen Herausforderung, Belastung und Entsagung als Alleinstehende. Das Gesicht eines Menschen aus Familie und Freundeskreis zu sehen, seine Nähe und Stimme zu spüren und zu hören ist ein besonderes Geschenk und wahrhafte Verbundenheit. Das vermisse ich ganz besonders.

Auf der Suche nach einer Kraftquelle in meiner vielfältigen Literatur bin ich erneut auf mein Lieblingsthema gestoßen, dem Hohelied der Liebe, und neu dafür entbrannt. Das Kerze entzünden, meditieren zu Hause ab und zu in der Kirche gehört zu meinem täglichen Ritual. Ich nehme es als besondere innere Stärkung wahr.

Margareta Herrmann- Kreidler, Hlst. Dreifaltigkeit

 

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„…Bewahre mich in diesen Tagen vor allzu vielen Klagen. Statt mich den unzähligen Einschränkungen zu widmen, möchte ich mit wachen Augen und weitem Herzen auf das schauen, was alles möglich ist.“

Dieser Satz aus einem Gebet von der Hausandacht zu Palmsonntag, begleitet mich in dieser Zeit. … was alles möglich ist – diese Worte haben mich nach vorne schauen lassen,

wenn ich in der Kirche sitze und den Gottesdienst schmerzlich vermisse

wenn ich nicht meine Mutter besuchen kann wenn….

… und mir wurde bewusst…. „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen…“

Alexandra Kohl, St. Josef

 

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Ich war und bin sehr dankbar für die Möglichkeit des Mithörens, -singens und Mitmachens am PC. Ich bin dann wirklich dabei. Sollte jemand krank oder verhindert sein wäre es gut, dies beizubehalten.  Ansonsten ist dieser Virus mit den Auswirkungen ein guter Blick in die Zukunft, in der Riesenpfarreien mit entsprechenden Wortgottesdiensten oder gar nichts

entstehen.  Denn Ersatz für das Beisammensein kann das nicht sein. Jesus sagte: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ Verkündung des Wortes, Feier des Abendmahles mit dem „Reichen“ und Essen des Brotes und Eintauchen in den Wein ist eine Einheit, das Ganze, der Kern.  Wie wir das managen, überließ Jesus uns.

Es ist schon ein seltsames Gefühl, obwohl es uns im Vergleich zu manch Anderem sehr gut geht mit Garten und lieben Kindern, die einkaufen und digitale Frühstücke organisieren und mit Abstand nach uns gucken. Es ist wie ein Nest mit Rosenhecken als Rand.

Gabriele Coschurba, St. Paul