Ein Impuls zur Passionszeit: Wunde Punkte!

Wenn zu mir jemand sagt: „Das ist ein wunder Punkt!“ – dann weiß ich gleich: Die Sache ist heikel. Hier gibt es ein Problem, das wir nicht nur mit dem Verstand begreifen, sondern das unter die Haut geht. Wer einen wunden Punkt entdeckt hat und den Finger auf die Wunde legt, der ist genau da, wo etwas weh tut.

‚Wunde Punkte‘ so nannte die ökumenische  Cityseelsorge ihre „Passionsan-dachten unterwegs“, die sie an vielen verschieden Orten mit vielen unterschied-lichen Menschen und Einrichtungen, Woche für Woche in der Fastenzeit 2019 und auch noch in der Fastenzeit 2020, so lange es möglich war, gestaltet hat. Denn es gibt Orte und Einrichtungen, die die Augen vor den wunden Punkten unseres Lebens und unserer Gesellschaft nicht verschließen, sondern handeln.

Sie zeigen Solidarität und üben Geduld. Hier erfahren Geschundene, vom Leben Gezeichnete Begleitung und Trost, bekommen Kraft. Die Hoffnung, dass Wunden heilen und über-wunden werden können, treiben Menschen an, sich diesen Aufgaben zu stellen.

Wunde Punkte zu erkennen, machen uns zunächst traurig oder wütend, manch-mal zornig und meist ohnmächtig. Sie konfrontieren uns mit dem was uns an der Leidensgeschichte Jesu vor allem ergreift: Die vermeintliche Ohnmacht, das Ausgeliefertsein. Doch die Leidensgeschichte hat zwei weitere Botschaften, die bedeutsamer sind. Die erste, Gott kennt jedes Leid, ist da und geht mit: Jesus starb für uns. Gottes unendliche Liebe gab seinen Sohn. Die zweite ist eine Auf-forderung, an jede und jeden von uns, an fremdem Leid nicht vorbei zu gehen.

Die gegenwärtige Pandemie ist wohl der umfassendste wunde Punkt mit unzähligen Facetten, dem sich niemand entziehen kann. Und doch leiden manche Menschen mehr, ja existenzieller als andere. – Jetzt für dieses Jahr ist ein etwas anderes Format entstanden: ‚Passionsandachten in der Pandemie‘ Sie können diese unter www.stadtkirchengemeinde-esslingen.de aufrufen.

Jede Form von Egoismus widerspricht der Botschaft von Tod und Auferstehung Jesu! Wir alle sind aufgefordert uns immer wieder selbstkritisch zu fragen, wo verschließe ich mich gegenüber den wunden Punkten des Lebens und unserer Gesellschaft?

Gabriele Fischer

Gemeindereferentin und Cityseelsorgerin