Ein Blick mehr als 75 Jahre zurück

Der Zollberg vor der Bebauung

Bereits vor der Bebauung des Zollbergs gab es hier Gebäude und zwar Folgende:

  • rechts der Zollbegstraße, heutige Eichendorffstraße das Schützenhaus, das Haus Hölle, das Haus Binz
  • Im heutigen Blienshaldenweg das Haus Mayer.
  • Und, links der Zollbergstraße das Waldheim,  das Kindererholungsheim, das Försterhaus und das Haus Friesch.

Alle Wege in die Stadt waren entweder Feld- oder Hohlwege. Rechts der Zollbergstraße waren Streuobstwiesen, auf der linken Seite meist Äcker.

  • Im Schützenhaus gab es auch Schießstände. Später diente es der Maschinenfabrik Esslingen als Lehrlingsheim, das jedoch vor nicht allzu langer Zeit abgerissen wurde, um moderne Wohnhäuser zu errichten.
  • In der Eichendorffstraße befand sich eine Zapfstelle der Stadt Esslingen  für Jauche.
  • Haus Mayer hatte ein Fuhrunternehmen, wo wir Kinder ab und zu eine Limonade kaufen konnten.
  • Das Waldheim wurde von der kommunistischen Partei gebaut und ist aber abgebrannt. Als Brandstifter wurde Herr Friesch (s.o.) viele Jahre in Haft gehalten. Er soll aber immer wieder seine Unschuld beteuert haben. Das Waldheim wurde wieder aufgebaut,  wurde aber danach „Freizeitheim“ genannt. Am Wald wurden kleine Hütten gebaut, in denen Affen, Schlangen, Pfaue und Rehe gehalten wurden. Es gab auch einen Kinderspielplatz mit Kinderkarussel und Rundlauf. Im Freizeitheim fanden im 3. Reich viele Feste statt, die immer gut besucht waren. Außerdem wurde ein Sportplatz mit Aschenbahn  Es fanden Radrennen, Wettläufe, Pferderennen und Dressurreiten statt, die man von einer Tribüne aus verfolgen konnte.
  • In der Neuffenstraße, wo sich jetzt das Mehrgenerationenhaus befindet, war eine Seidenraupenzucht, umgeben von einer Hecke, die Nahrung für die Seidenraupen bot. In der Baracke dort, wohnte und arbeitete nur eine Frau, die Seide für Fallschirme herstellte.
  • Auf dem Zollberg, in Höhe Hohenstaufenstraße, sollte eine neue PH gebaut werden. Als jedoch die Baugrube ausgehoben war, füllte diese sich mit Wasser. Kurze Zeit später kam es zu einem Erdrutsch im oberen Eisbergweg, dem ein Wohnhaus zum Opfer fiel. Man vermutete einen Zusammenhang mit der Baugrube und färbte das Wasser blau ein, was die Vermutung bestätigte. Die Arbeiten wurden daraufhin eingestellt. Die Stelle im Eisbergweg, wo der Erdrutsch stattgefunden hat, ist heute noch sichtbar. Für die Kinder in der Umgebung war das ein Geheimtipp: man konnte dort im Winter Schlittschuhlaufen. Man nannte die Grube „Die blaue Gumpe“.

Ein beliebtes Skigebiet waren auch die Wiesen der Familie Kielmayer. Man konnte von der heutigen Neuffenstraße bis zum Eisbergweg seine Künste üben. Manch einem wurden die Obstbäume zum Verhängnis.

  • In Höhe der Neuffenstrasse gab es eine „Schinderhütte“. Hier wurden kranke und alte Pferde getötet und begraben. Die Grundmauern konnte man noch bis kurz vor der Bebauung des Zollbergs erkennen.
  • Die heutige Jugendfarm basiert auf einem Fliegerhorst mit großen Gebäuden und Anwesen. Hier wurden Segelflugzeuge hergestellt. Später diente das Gebäude als Unterkunft für russische Kriegsgefangene. Durch einen Bombenangriff, der dem Reichsbahn-Ausbesserungswerk galt, wurde das Gebäude zerstört. Es gab viele Tote und Verletzte. Wäre die Wiese unterhalb der Jugendfarm  in der Zwischenzeit nicht mit Bäumen überwachsen, könnte man heute noch die Bombentrichter erkennen.
  • Während des Krieges gab es im Zollberg zwei Flugabwehr-Stationen: eine über den jetzigen Häusern in der Mutzenreisstraße, eine weitere gegen Ende des Krieges in Höhe der heutigen Hohenstaufenstraße.
  • Gegen Ende des Krieges wurden Baracken für russische Kriegsgefangene, umgeben von Stacheldraht-Zäunen in dem Gebiet anschließend an das Freizeitheim gebaut. Sie waren streng bewacht von deutschen Soldaten.
  • Gegen Ende des Krieges, als die Flüchtlinge aus Böhmen und Mähren

ankamen, wurden anschließend an das Gefangenenlager einfache Holzhäuser ohne Heizung  mit winzig kleinem Garten errichtet. Manche dieser Flüchtlinge haben sich später ein Häusle auf dem Zollberg gebaut.

Die Grundstückseigentümer wurden für die Bebauung des Zollbergs zwangsent-

eignet und erhielten 6 DM pro Quadratmeter als Entschädigung. Wollten sie aber für sich oder ihre Kinder auf dem Zollberg bauen, konnten sie sich ein Baugrund-stück aussuchen und zum Preis von 12 DM pro Qadratmeter zurückkaufen. In diesem Preis waren sogar die Erschließungskosten enthalten. Der Zollberg wurde dann ab den Jahren 1956/57 bebaut.

Irene Hägele