Früher war alles besser

„Früher war alles besser“, höre ich des Öfteren. Wenn ich dann nachfrage, ergeben sich zumeist ganz tolle Gespräche. Doch das, was damals besser war, entpuppt sich im Laufe des Gespräches eher als: „Es war früher anders“. Früher war alles irgendwie übersichtlicher, es gab ein größeres Miteinander und vor allem gab es weniger Hektik. Heute haben wir dafür große Erleichterungen im Alltag durch die Technik und Neuerungen in der Medizin. Außerdem sind wir viel informierter über weltweite Ereignisse und wir lernten selbstbestimmter zu leben.

War denn früher tatsächlich alles besser? Ist heute alles besser? Ich bin mir da nicht sicher. Vielleicht hängt das Gefühl dafür, wann es einem wirklich gut geht und gut ging, damit zusammen, welche Erwartungen man an sich selbst und an seine Umgebung hat. Doch damit sind wir weniger beim Thema von Alt oder Jung, von Früher oder Jetzt, sondern beim Gestern, Heute und Morgen. Denn, egal wie gut oder wie kritisch die Zeiten waren und sind, uns alle verbindet die Gegenwart. Wir wurzeln zwar alle in der Vergangenheit, doch leben wir im Heute zusammen und erst das Morgen scheidet uns. Und im Heute wird der erste Schritt ins Morgen gemacht – so wie wir es auf dem Bild sehen.

Jetzt sind wir mitten im Herbst. Man kann auf ihn so blicken, wie man ihn als Kind erlebte. Wie wir ihn morgen, also in einem Jahr erleben werden, wissen wir nicht. Darum schauen wir auf das Heute, diesen Herbst, das Schöne, das er für jeden von uns zu bieten hat.

Denn das, was wir erlebten, erleben und erleben werden, schreibt Gott mit jedem von uns. Er tut dies, egal ob wir alt oder jung sind. Er schreibt unsere persönliche Geschichte über alle Bruchstellen und geraden Wege des Lebens fort. Niemanden schreibt er dabei ab. Sondern bleibt jedem zugewandt, auch wenn wir uns zeitweise von ihm abwenden. Unsere Lebensgeschichte ist eine ganz individuelle, von seiner Hand geschrieben. Darum möchte ich diesen Impuls schließen mit einem Gedicht über die Zeit. Es wurde von dem deutschen Schriftsteller Andreas Gryphius (1616-1664) erdacht. Das Kennzeichen der Zeit ist für ihn, dass man sie nicht zurückhalten kann, sondern sie zu durchleben hat. Dabei dürfen wir Gott als demjenigen vertrauen, der die Zeit in seinen Händen hält. Er ist es, der mein persönliches Lebensbuch zu einem guten Ende fertig schreiben wird.

Augenblick

Mein sind die Jahre nicht,
die mir die Zeit genommen;
mein sind die Jahre nicht,
die etwa mögen kommen;
der Augenblick ist mein,
und nehm ich den in acht,
so ist der mein,
der Zeit und Ewigkeit gemacht.

Behüt` Sie Gott!

Uwe Schindera, Pastoralreferent, Katholische Kirche, Esslingen